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„Es wird ein ganzer Berufsstand systematisch diffamiert“

7. Februar 2020

Von Christiane Reuther

Zeil. Der Landfrauentag ist in den Kreisverbänden ein fester Bestandteil im Jahresrhythmus. Unter dem Motto „Region gestalten“ zog die Veranstaltung an die 350 Landfrauen und Gäste am Montagmittag in die Turnhalle am Tuchanger in Zeil. Die Klinikclowns Ulrike und Josef begrüßten nicht nur die Besucher am Eingang humorvoll mit roter Pappnase, sondern stellten den Landfrauen ihre Arbeit in den Kinderkliniken anschaulich dar und freuten sich über eine großzügige Spende, die im Laufe der Veranstaltung zusammenkam.
Der Landfrauenchor, der seit 40 Jahren besteht, schmückte unter der Leitung von Kirsten Snater den Tag musikalisch aus. Zahlreiche Grußworte von Vertretern aus Politik, Gesellschaft, Kirche und Funktionären des Bauernverbandes rundeten den Landfrauentag ab.
Während vor der Halle Traktoren mit Transparenten auf die Missstände in der Landwirtschaft hinwiesen, gab es Unmut bei der einen oder anderen Besucherin in der Halle. „Die Lage ist angespannt“, äußerte sich eine Landfrau aus Unfinden. Als Säule und Basis aller landwirtschaftlichen Betriebe könne sie von einer 35-Stunden-Woche nur träumen. „Ganz abgesehen, dass der Urlaub komplett gestrichen ist“. Nichts desto trotz genoss sie in Zeil ein paar Stunden in Geselligkeit, traf nette Leute, vergaß die Arbeit zuhause und nahm Anregungen mit. Dafür lobte die Landfrau das Angebot an guten Referenten. Diesen Part übernahm in diesem Jahr die CSU-Landtagsabgeordnete Barbara Becker aus Wiesenbronn.
Das Wort „Region“ verbindet die Kreisbäuerin Cäcilie Werner aus Wonfurt mit etwas Vertrautem, einem Stück Heimat. „Wir können unsere Region verändern, indem wir uns mit großem Engagement einsetzen und Dinge bewusst angehen“, sagte Werner. So sind es aus ihrer Sicht auch die Landfrauen, die durch ihren Einsatz Kultur, Brauchtum und das soziale Miteinander in den ländlichen Regionen pflegen. „Unsere Landwirte erzeugen qualitativ hochwertige Lebensmittel nach sehr hohen Standards“, äußerte sich Werner. Dafür würden sie an 365 Tagen im Jahr gerne aufstehen, um ihre Tiere oder Pflanzen nach gutem Wissen und Gewissen zu versorgen. Immer höhere Auflagen, Vorschriften und steigende finanzielle Belastungen würden allerdings den Landwirten die Freude am Beruf nehmen und zum Aufgeben zwingen. Fehlentscheidungen seitens der Politik würden ihr übriges tun. Die Kreisbäuerin fand deutliche Worte für die angespannte Situation in der Landwirtschaft: „Die Landwirte gehen auf die Straße und demonstrieren, weil sie um ihre Existenz kämpfen, nicht weil sie gegen Umweltschutz sind und mehr Subventionen wollen“. Sie würden nur eins wollen: „eine fachlich korrekte, sachbezogene Politik und eine faire und gerechte Behandlung“.
Die neue Düngeverordnung prangerte Werner an und bezog kritische Stellung zur Situation der Schweinehalter. Die aktuelle Agrarpolitik der Bundesregierung raube aus Sicht der Kreisbäuerin den Familienbetrieben ihre Lebensgrundlage. In Deutschland wird die nachhaltigste Landwirtschaft weltweit betrieben. Darauf sollte der Verbraucher stolz sein. Aber weit gefehlt: „Es wird ein ganzer Berufsstand auf Grund unhaltbarer Behauptungen systematisch diffamiert und aufs äußerste verurteilt“, so Werner. „Umweltschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht die einer einzelnen Berufsgruppe“, sagte Werner. „Zeigt endlich Rückgrat und handelt“ lautete abschließend der Appell an die Politik. „In der Region, in der wir leben, können wir die Welt verändern“, sagte die CSU-Landtagsabgeordnete Barbara Becker. Selbst auf einem Bio-Bauernhof im Nachbarlandkreis Kitzingen aufgewachsen und in der evangelischen Landjugend aktiv gewesen, sei ihr das Thema Regionalentwicklung ans Herz gewachsen. Sich einsetzen und Dinge bewusst angehen erfordere Engagement. Die Landfrauen würden mit dem von ihnen gewählten Thema aufmerksam machen, dass es wichtig ist, ländliche Räume lebenswert zu gestalten. Immerhin würden 56 Prozent der Bayern auf dem Land leben. Für einen lebenswerten Raum brauche es verschiedene Partner, wie Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeitgestaltung, schnelles Internet und vieles mehr. Die Landfrauen würden sich mit viel Herzblut für ihre Region einsetzen. Den Einkaufszettel der Landfrauen bezeichnete die Referentin deshalb auch als Stimmzettel. Jeder einzelne könne über den Kauf von regionalen Produkten die Region mitgestalten. Ehrenamtliches Engagement in den Vereinen und die politische Beteiligung zählen für die Politikerin ebenso dazu. Den anwesenden Kandidatinnen und Kandidaten für die anstehende Kommunalwahl zollte sie größten Respekt. „Region gestalten“ gehe aus Sicht der Politikerin nur mit den Menschen im Dialog: „Wir müssen näher an den Verbraucher heran“. Das Engagement der Landfrauen als Vermittler und Zuhörer bedürfe es gerade in Zeiten des Auseinanderdriftens zwischen Erzeugern und Verbrauchern. Mit dem Aufsetzen von Hüten aus Kaffeefiltern demonstrierte Becker abschließend die Frage: „Muss ich die Welt alleine retten?“. Jede Landfrau dürfe Mut beweisen und „Hüte“ abschütteln, die zu viel werden oder auch Platz für neue schaffen.

Bild 1: Die CSU-Landtagsabgeordnete Barbara Becker, umrahmt von Kreisbäuerin Cäcilie Werner (rechts) und Stellvertreterin Petra Grimmer (links), griff beim Landfrauentag in Zeil das Tagesthema „Region gestalten“ auf. Foto: Christiane Reuther

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