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Corona und Ausbildung – Was Azubis wissen sollten

15. Januar 2021

Haßbergkreis. Die Coronapandemie hat große Auswirkungen auf die Arbeitswelt. So waren im April 2020 laut Angaben der Agentur für Arbeit rund sechs Millionen Personen in Deutschland in Kurzarbeit.

Zudem stieg die Anzahl der betriebsbedingten Kündigungen an. Auch Auszubildende sind von diesen Einflüssen betroffen. Das ECHO hat beim Haßfurter Fachanwalt für Arbeitsrecht, Steffen Vogel, nachgefragt.

Was ist, wenn ein Azubi an COVID-19 erkrankt ist?
RA VOGEL: „Dann muss der Azubi in Quarantäne und das Gesundheitsamt verhängt ein Tätigkeitsverbot. Der Azubi hat dann einen Anspruch auf Fortzahlung seiner Ausbildungsvergütung. Bei einem Verdacht auf COVID-19 kann eine vorsorgliche Quarantäne verhängt werden. Der Azubi hat dann einen öffentlich-rechtlichen Entschädigungsanspruch in Höhe der Ausbildungsvergütung. Liegt eine COVID-19-Erkrankung oder eine Quarantäne zum Prüfungstermin vor, darf er natürlich die Prüfung nicht mitschreiben. Der Azubi kann aus wichtigem Grund von der Prüfung zurücktreten und die Prüfung später nachholen.“

Welche Auswirkungen hat es, wenn der Ausbildungsbetrieb wegen Quarantäne oder Lockdown geschlossen ist?
RA VOGEL: „Azubis haben bei Quarantäne des Betriebs einen Anspruch auf Fortzahlung der vollen Ausbildungsvergütung für sechs Wochen. Wichtig ist, dass die Arbeitgeber (AG) nach einer behördlichen Betriebsschließung die gezahlte Ausbildungsvergütung NICHT von der zuständigen Behörde ersetzt bekommen.
Auch bei einer Schließung wegen Lockdown besteht die Pflicht zur Fortzahlung der Ausbildungsvergütung. Wenn die Schließung über 6 Wochen andauert, liegt ein Entschädigungsanspruch in Höhe des Krankengeldes vor. Der Azubi kann den Anspruch bei der Behörde selbst geltend machen oder über den Arbeitgeber.“

Kann ein Azubi von der Arbeit freigestellt werden?
RA VOGEL: „Eine bezahlte oder unbezahlte Freistellung des Azubis verstößt gegen die Verpflichtung des Ausbildungsbetriebs zur Vermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit. Deshalb ist eine Freistellung nur in den gesetzlich geregelten Fällen erlaubt, z.B. Teilnahme am Berufsschulunterricht oder an den Abschlussprüfungen. Stellt der Arbeitgeber trotzdem frei, muss er die volle Ausbildungsvergütung weiter bezahlen.“

Kann ein Azubi in Kurzarbeit gehen?
RA Vogel: „Nur dann, wenn der Ausbildungsbetrieb coronabedingt komplett schließen muss, weil dann die Ausbildung nicht mehr stattfinden kann. In diesem Fall erhalten Azubis für 6 Wochen ihre volle Vergütung weiter. Es besteht aber die Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis einvernehmlich auf eine Teilzeitausbildung umzustellen, wenn wegen der Corona-Pandemie im Betrieb Kurzarbeit vorliegt.“

Kann ein Arbeitgeber wegen Corona das Ausbildungsverhältnis kündigen?
RA VOGEL: „Während der Probezeit können Ausbildungsverhältnisse immer ohne Grund gekündigt werden. Nach der Probezeit nur aus „wichtigem Grund“. Dies liegt nur dann vor, wenn dem Betrieb die Durchführung der Ausbildung trotz aller zumutbarer Anstrengungen nicht mehr möglich ist. Dies ist aber ein echter Ausnahmefall. Die Insolvenz eines Unternehmens reicht z.B. nur dann aus, wenn der Betrieb komplett stillgelegt wird.“

Was ist, wenn die Zwischen- oder die Abschlussprüfung wegen eines Lockdowns verschoben wird oder ausfällt?
RA VOGEL: „Bei einer gestreckten Abschlussprüfung einer Stufenausbildung werden verschobene Prüfungen unter den geltenden Hygienebestimmungen nachgeholt, da dieser Prüfungsteil als Teil 1 der Gesamtprüfung prüfungsrelevant ist. Auf die Zwischenprüfung kann die zuständige Stelle dagegen verzichten, da diese nicht in die Abschlussnote einfließt.

Im Falle der Verschiebung der Prüfung muss der Azubi natürlich im Betrieb arbeiten. Sollte die verschobene Prüfung auf einen Zeitpunkt nach dem normalen Ende der Ausbildung fallen, so hat der Azubi einen Anspruch auf Verlängerung der Ausbildungszeit bis zum nächsten Prüfungstermin.“

Was ist mit der Abschlussprüfung, wenn zu viele Fehlzeiten vorliegen?
RA VOGEL: „Die Prüfung darf nicht leichter gemacht oder auf Teile verzichtet werden. Wenn ein Azubi sich die Prüfung wegen zu vieler Fehlzeiten nicht zutraut, dann kann er einen Antrag auf Verlängerung der Ausbildung stellen.

Fehlzeiten, auch wenn diese wegen Corona im Betrieb oder der Schule anfallen, wirken sich negativ auf die Ausbildungsdauer und auf die Zulassung zur Abschlussprüfung aus. Betragen die Fehltage weniger als 20 Prozent, wird man noch zugelassen werden, wenn die Fehltage coronabedingt auf den letzten Ausbildungsabschnitt fallen. Wichtig ist, dass es egal ist, ob es sich bei den Fehlzeiten um verschuldete oder unverschuldete Fehlzeiten handelt. Deshalb sollten Azubis so häufig wie möglich im Betrieb und in der Berufsschule sein.“

Wir danken für das Gespräch!

Bild: Pixabay

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