Allgemein Haßfurt

Lokale Landwirte zeigten Solidarität mit einem Mahnfeuer

29. November 2019

Von Rene Ruprecht

Haßfurt. „Das Hauptproblem ist die Planungssicherheit in der Landwirtschaft. Wir wissen nicht, was im nächsten Jahr kommt, ob wir zum Beispiel weniger Getreide anbauen dürfen, oder vorhandene Ställe noch betrieben werden dürfen.

Die neue Düngeverordnung ist nicht mehr praktikabel“, so der staatlich geprüfter Landwirt, Feuerwehrkommandant und Stadtrat aus Zeil, Tobias Hetterich (39).

Am vergangenen Dienstag rollten laut dem Bündnis „Land schafft Verbindung“ mehr als 8.500 Traktoren durch die Straßen Berlins. Über 40.000 Landwirte, die auch mit Autos, Bus und Bahn in die Hauptstadt anreisten, nahmen an der Großdemo teil. Somit demonstrierte jeder fünfte Landwirt vor den Toren der Bundesregierung. Der Protest richtete sich gegen die sogenannte GroKo Politik. Die Bauern kritisieren vor allem das Agrarpaket der Bundesregierung und das geplante Insektenschutzprogramm. Sie befürchten wirtschaftliche Einbußen.
Der Landwirt Daniel Diehm (39) aus Zeil nahm an der landesweiten Groß-Demo in Berlin teil: „Eine nachhaltige Bewirtschaftung ist das Ur-Interesse der Bauern. Natürlich kann mit Hilfe der Landwirtschaft ein großer Hebel für den Arten-Insektenschutz angesetzt werden. Aber es kann nicht sein, dass wir alleine in die Verantwortung gezogen werden, um ein Problem zu lösen, das die gesamte Gesellschaft zu verantworten hat. Es wäre fair und gerecht, wenn die Landwirte beispielsweise an Insektenschutz- oder Blühwiesenprogrammen teilnehmen können und diese dann auch von der gesamten Gesellschaft unterstützt und fair finanziert werden. Gesetzliche Verordnungen ohne Ausgleich für die Bauern führen zu weiterem Höfesterben. Das kann nicht im Sinne der Politik und unserer Gesellschaft sein.“Auch außerhalb von Berlin rief das Bündnis die „daheimgebliebenen“ Landwirte auf, ein Zeichen gegen die Politik zu setzen. So versammelten sich neben Hetterich am frühen Abend neben der ehemaligen B26 zwischen Haßfurt und Zeil auf Höhe von Augsfeld ca. 35 Traktoren und etwa 80 Personen und zeigten ihre Solidarität mit einem Mahnfeuer. Die Landwirte kamen unter anderem aus Haßfurt, Augsfeld, Unterhohenried, Zeil, Sand, Bischofsheim, Altershausen und Neubrunn. Laut Hetterich waren „auch Verbraucher unter den Teilnehmern, die beim Vorbeifahren anhielten und das Gespräch suchten. Das war für uns Zuspruch, dass auch ein Teil der Bevölkerung hinter uns steht“, so der Zeiler. Nicht nur für Hetterich ist klar, dass die regionalen Produkte zu weit nach hinten gerückt sind, weil „die Mehrheit der Verbraucher in Discountern einkauft.“
Für den Zeiler Obmann des Bayerischen Bauernverband (BBV), Franz Diehm (66), ist die Groß-Demo sowie das Mahnfeuer „ein Schritt, um in der Bevölkerung und vor allem in der Politik ein Erwachen zu erzeugen. Wir sind mit 18.000 Verordnungen belastet, von EU bis runter zum Landkreis. Wir waren eigentlich in den letzten 15 Jahren zu zart, wir sind nicht genug aus uns rausgegangen. Jetzt ist wirklich das Maß total voll.“ In Bezug auf die neue Düngeverordnung, die unter anderem aufgrund der angeblich zu hohen Nitratbelastung in Deutschland zurückzuführen ist, wollte laut Franz Diehm „der deutsche Michel es wieder mal ganz gut machen. Man hat nur die schlechtesten Messstellen gemeldet. Die anderen EU-Staaten haben gute und schlechte Messstellen fürs Grundwassermonitoring herangezogen, was dann einen representativen Durchschnitt ergibt. Jetzt stehen wir in Deutschland schlecht da, obwohl wir im Vergleich sehr hochwertiges und sauberes Trink- und Grundwasser haben. Und dann macht man ein Bürokratiemonster mit neuen Düngeverordnungen. Wir haben schon in der Vergangenheit bedarfsgerecht gedüngt.“ Pauschale Düngevorgaben lehnen die Landwirte ab und sind für die Festlegung roter Gebiete mit überhöhten Nitratwerten nur mit Hilfe eines aussagekräftigen Messstellennetzes.
Hetterich, der auch Fleischer-Meister ist, kritisierte außerdem den freien Weg der US-Rindfleisch-Importe immens: „Das sogenannte Merkosur-Abkommen ist für uns Bauern nicht annehmbar. Wir müssten nach Abschluss des Abkommens mit Billigimporten aus Nord- u. Südamerika konkurrieren. Das Fleisch dort wird nach Standards hergestellt, die in der EU schon lange tabu sind. Wir sagen nicht, dass die gesamte Politik schlecht ist, aber wir möchten gerne bei Gesetzesänderungen und neuen Regelungen mitreden. Viele neue Verordnungen sind nicht zukunftsfähig für uns, viele Politiker haben einfach keine Ahnung. Landwirte als Vertreter mit Praxiserfahrung müssen mitdiskutieren und praktische Lösungen vorschlagen dürfen. Es wird Zeit, dass sich was ändert.“Für Daniel Diehm war „die Beteiligung an der Demonstration in Berlin gewaltig. Unser Berufsstand, von Tierhaltern bis hin zu Acker- und Weinbauern, hält fest zusammen. Man merkt, dass für viele das Fass bereits übergelaufen ist. Nicht umsonst bewegt jeder fünfte Bauer seinen Hintern nach Berlin. Die Politik trifft oft Entscheidungen an der Landwirtschaft vorbei. Aber was wir Bauern besonders vermissen, ist Wertschätzung und Achtung für unsere Arbeit und die hochwertigen Lebensmittel, die wir herstellen.“

Bild: Für viele Landwirte ist das Faß nicht nur voll sondern bereits übergelaufen. Lokale Landwirte entfachten ein Mahnfauer bei Augsfeld, um Solidarität mit den in Berlin demonstrierenden Kollegen zu zeigen. Foto: Rene Ruprecht

Dies könnte Ihnen auch gefallen