Allgemein Zeil am Main

Hexenturm barrierefrei und virtuell erleben

19. Juni 2020

Zeil. Nina Schätzlein aus Zeil ist 38. Die Erzieherin ist kulturinteressiert und will geschichtliche Zusammenhänge verstehen. Eine Besucherin, wie es sich das Dokumentationszentrum „Zeiler Hexenturm“ nur wünschen kann.

Das Handycap bei der ganzen Sache ist im wahrsten Sinne des Wortes das handycap von Nina. Sie hat einen Schlaganfall erlitten und ist seit dem auf eine Gehhilfe oder den Rollstuhl angewiesen. Am Fronleichnamsfeiertag hat sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn Sam (7) das Dokumentationszentrum in Zeil besucht und konnte trotz Einschränkungen eine Besichtigung starten.

Alles, was sich im ersten oder zweiten Stockwerk, oder im engen und stufenreichen Hexenturm befindet, kann nun bequem an einem riesigen Touchscreen im Erdgeschoss angeschaut werden. Mit nur einem einzigen Fingertipp, springt das Bild in das obere Stockwerk und die Besucher können virtuell zwischen den Objekten der momentanen Wechselausstellung „Im Brennpunkt“ hin und her wandeln. Die Dauerausstellung im ersten Stock, so wie eine Einführung in das Zeitgeschehen der frühen Neuzeit sind in Bild und Ton abzurufen. Historische Dokumente, wie zum Beispiel das Langhanstagebuch werden übersetzt und kommentiert vorgelesen. Auch sind die Schauspielszenen des historischen Stadtrundgangs als Video abrufbar. Bis zu drei Zuhörer/-innen können nebeneinander mit Kopfhörer den Ausführungen lauschen. Aber auch einer Ton-Schaltung in den gesamten Raum für größere Gruppen steht nichts im Weg.

In Kürze werden auch alle interessanten Daten aus dem Treffpunkt Heimat auf dem Bildschirm zur Verfügung stehen. Man wird Zeitzeugen reden hören, kann angefangen von Vertreibungsbefehlen und Transportlisten bis zum Neuanfang in Zeil den schweren Schicksalsweg von sudetendeutschen Familien nachvollziehen und mit Filmen über die alljährliche Römerstädter Wallfahrt einen Eindruck über den heutigen Umgang mit der Geschichte bekommen.

Die Finanzierung dieser technischen Ausstattung wurde zum größten Teil von der Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken geleistet. Auch Spenden der sudetendeutschen Landsmannschaft-Heimatkreis Römerstadt sowie private Spenden von Vorträgen und Aufführungen flossen mit ein.

Nina Schätzlein ist mit dem Ergebnis des heutigen Ausflugs zufrieden. Die Technik und die inhaltliche Aufbereitung sind super, die Rampe vor der Tür ist Klasse. „Aber das Kopfsteinpflaster von der Straße bis dahin ist eine Tortur“ sagt sie. Da gäbe es auf jeden Fall, vielleicht in Form eines ebenen Seitenstreifens, noch Ausbaubedarf.“

Bild: Nina Schätzlein testet als eine der ersten Besucherinnen nach der Wiedereröffnung des „Zeiler Hexenturms zusammen mit ihrem Sohn Sam den neuen Touchscreen. Bild: Monika Schraut

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