Eltmann Region

Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft – Handwerk im Landkreis machte 750 Millionen Umsatz

24. Januar 2019

Von Sabine Weinbeer.

Eltmann. Ob Metzger, Bäcker, Maurer, Schlosser oder Elektriker – Arbeit gibt es mehr als genug, doch fehlt es an Fachkräften, so dass viele Aufträge auf der Warteliste stehen müssen. „Wir brauchen dringend zählbare Erfolge in der Gewinnung von Auszubildenden“, diese Aussage unterschrieben alle der Handwerksmeister, die sich am Freitag auf Einladung von Kreishandwerksmeister Hans-Georg Häfner im Klenzesaal der Eltmanner Stadthalle zum Neujahrsempfang einfanden. Hauptrednerin des Abends war die Staatsministerin für Digitalisierung Dorothee Bär, denn auch das Handwerk kommt an der Digitalisierung nicht vorbei.

Als „Wirtschaftsmacht von nebenan“ habe das Handwerk im vergangenen Jahr im Landkreis Haßberge einen Umsatz von 750 Millionen Euro gemacht, „das ist ein Plus von fünf Prozent“, so Hans-Georg Häfner. 6.300 Menschen seien im Kreis im Handwerk beschäftigt, darunter 560 Auszubildende. Die Zahl der Lehrlinge ging allerdings um ein Prozent zurück, dafür stiegen die Überstunden und „wir haben mehr Beschäftigung über die Renten-Altersgrenze hinaus. Viele unserer Betriebe haben die Grenze der Leistungsfähigkeit bereits überschritten“, erklärte der Kreishandwerksmeister. „Groß sind die Sorgen ums Handwerk, die mich treiben“, gestand er ein. 2.100 Ausbildungsstellen im unterfränkischen Handwerk blieben im vergangenen Jahr unbesetzt, so Häfner.

Viel Arbeitskraft versickere in Bürokratie, kritisierte Häfner und gab eine Erhebung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums weiter. So gab es Ende 2008 rund 1.700 Vorschriften, die am Bau tätige Firmen einhalten mussten. Kaum zehn Jahre später waren es 5.300. „Auch mit EDV kann man da den Überblick nicht behalten“, bedauerte Häfner. Vor allem die Handwerksmeister seien mit solchen Aufgaben oft bis in die Nacht beschäftigt und würden dann „an anderer Stelle kürzer treten, etwa im Ehrenamt“. Er sorge sich, dass bei den anstehenden Wahlen der Obermeister noch alle Funktionen besetzt werden können. Kritik richtete er an manche Behördenvertreter, denen „ es offenbar egal ist, wie es dem Handwerk geht“. Eine positive Entwicklung sei allerdings die Rückkehr zur Meisterpflicht in vielen Berufen.
Im Handwerk zu arbeiten, sei allerdings nach wie vor eine befriedigende Arbeit, bei der man sehe, was man geschaffen hat. „Da hat man keinen Job erledigt, sondern sein Tagwerk vollbracht“, so der Kreishandwerksmeister. Trotz aller seiner Sorgen rief er seine Kollegen zu Optimismus auf.

„Seit 16 Jahren warte ich darauf, dass ich hier beim Neujahrsempfang der Handwerker reden darf“, freute sich Staatsministerin Dorothee Bär über die Einladung. Spätestens wenn man international unterwegs sei, dann merke man, was deutsche Handwerkskunst wert ist. Gerade zurückgekehrt von einem Digitalkongress aus Las Vegas, erklärte sie, dass dort sogar 5-Sterne-Hotels „schlecht sind, was die handwerkliche Ausführung angeht“. Der Handwerkermangel sei in den Städten noch viel massiver als im ländlichen Raum. In Berlin würden die Adressen seriöser Handwerker unter der Hand regelrecht gedealt.

Als Digitalministerin stellte sie fest, dass natürlich auch das Handwerk von der Digitalisierung betroffen sei und darin viele Chancen finden könne. Mit der neuen Wertigkeit des Meisterbriefs, der nun auch formell einem akademischen Bachelorabschluss gleich gestellt ist, und dem erhöhten „Aufstiegs-BaföG“ würden die Wege zur Meisterausbildung verbessert. Das „Kompetenzzentrum Digitales Handwerk“ stehe zur Seite. Ein Standort von vieren ist in Bayreuth mit dem Themenfeld „Produktions- und Automatisierungstechnologien“.

Schon heute sei die Digitalisierung aus dem Handwerk nicht wegzudenken, von der Webseite bis zur virtuellen Raumgestaltung beim Maler. Dazu könnten ungeliebte Arbeiten künftig von einem digitalen Assistenten ausgeführt werden. Bär warnte davor, sich von Weltuntergangsszenarien verunsichern zu lassen. Schon immer seien Berufe der technologischen Entwicklung zum Opfer gefallen, von den Webern bis zu den Kutschern – aber immer seien auch neue Berufe entstanden. Deshalb habe die Bundesregierung in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass die Prämisse bei der Digitalisierung sein müsse, aus dem technischen einen sozialen Fortschritt zu machen. „Wir müssen immer fragen, was dem Menschen dient, beispielsweise in der Medizin“, so Bär. Viele winkten da ab, aber chronisch Kranke, Schmerzpatienten oder Behinderte gewännen enorm viel Lebensqualität durch digitale Implantate oder Robotik. Mit der Aufforderung, das Duale Ausbildungssystem weiter hoch zu schätzen, schloss die Ministerin.

Damit die Arbeitnehmer gerüstet sind für den immer schnelleren technischen Fortschritt, sei eine grundlegende Aus- und Fortbildung nötig, so stellvertretender Landrat Oskar Ebert in seinem Grußwort. Der Landkreis Haßberge tue da sein Möglichstes, aktuell mit der beginnenden Sanierung der Berufsschule, in die in vier Bauabschnitten bis 2024 insgesamt 16,5 Millionen Euro fließen werden. Auch das Wirtschaftsportal des Kreises wolle den Mittelstand unterstützen. Auch er sorge sich um die Aushöhlung des Dualen Ausbildungssystems, das Grundlage für die Qualität des Deutschen Handwerks sei.

Der Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken, Walter Häuslein, betonte die Notwendigkeit, sich als Handwerk besser zu präsentieren. Viele junge Menschen hätten ein falsches Bild von den Handwerksberufen.
Der Eltmanner Jugendchor „Cantarella“ umrahmte den Neujahrsempfang, der dann in einen gemütlichen Teil mündete, der dem Informationsaustausch diente. Bäcker, Metzger und Brauer steuerten dazu Kostproben ihres handwerklichen Könnens bei.

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